unbezahlte Werbung | Rezensionsexemplar
Das Cover hat mich magisch angezogen, denn ich liebe es, schwimmen zu gehen. Wer hätte gedacht, dass ich mal monatelang keine Gelegenheit dazu haben werde, weil das gesamte gesellschaftliche Leben aus der Bahn geworfen wird? Ich jedenfalls nicht, zumindest nicht wegen einem Virus. Außerdem hatte ich Lust auf eine ehrliche, aus dem Leben gegriffene Geschichte und genau danach hat sich „Mein Sommer mit Anja“ angehört.
Meine Bewertung: ★★★☆☆
Handlung
Konrad ist ein ganz normaler Junge, der in den 80er Jahren im Norden Münchens aufwächst. Zusammen mit seinem geistig behinderten Freund Holger geht er regelmäßig schwimmen in der Floriansmühle und spielt verstecken. Doch plötzlich sind sie nicht mehr alleine in ihrem neusten Versteck, denn nur wenige Meter entfernt steht Anja mit einem toten Specht in der Hand. Sie ist anders als andere Mädchen, das merkt Konrad gleich. Da sie abgehauen ist und das niemand mitkriegen darf, verbringt sie von nun an Tag und Nacht in Konrads und Holgers Versteck; komplett auf sich allein gestellt. Konrad kümmert sich um sie, so sehr er kann und Anja ist von nun an immer mit dabei. Dabei werden nicht nur seine Gefühle durcheinandergebracht, sondern auch die freundschaftlichen Verhältnisse der drei Protagonisten. „Mein Sommer mit Anja“ erzählt von Freundschaft und der Frage, was im Leben wirklich zählt.
Meine Meinung
Dieser Roman ist anders als alle anderen Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe. Die Geschichte wirkt wie zufällig aus dem Leben gerissen – ehrlich, bodenständig und nachvollziehbar. Man könnte meinen, dass es Konrad, Holger und Anja wirklich gegeben hat; dass sie tatsächlich in den 80er Jahren im Freibad „Floriansmühle“ schwimmen gegangen sind und verstecken gespielt haben. Nichts der Geschichte hat künstlich gewirkt.
„Mein Sommer mit Anja“ ist aus der Sicht von Konrad geschrieben. Ich habe es leider nicht geschafft, eine besondere Bindung zu ihm aufzubauen, denn dafür war mir Konrad nicht emotional genug. Er beschreibt zwar, was passiert und denkt darüber auch teilweise über die anderen Figuren nach, doch nie in der Tiefe. Gefühle wie Sorge, Trauer und Freude müssen beim Leser entstehen und das hat auch gut funktioniert. Ich glaube, dass es so beabsichtigt war; dass sich jeder sein eigenes Bild machen soll. Ich hätte dennoch gerne mehr darüber erfahren, was in Anja vorgeht. Obwohl sie die wahrscheinlich stärkste Person im ganzen Roman war, ist deutlich geworden, dass ihre Gefühle unter der Oberfläche nur so gebrodelt haben.
Die Schauplätze haben mir sehr gut gefallen. Auch ich war als Kind nahezu täglich im Freibad zu finden, habe verstecken gespielt und war genau wie die drei Hauptfiguren aus „Mein Sommer mit Anja“ viel in der Natur unterwegs. Die Unbeschwertheit, wohl behütet zu sein und dennoch auf eine Gewisse Art und Weise tun und lassen zu können, was man will, hat mich an meine eigene Kindheit erinnert. Gerade deswegen konnte ich mich immer wieder gut in die Lage der Drei versetzen.
Die Stimmung in dem Freibad ist in „Mein Sommer mit Anja“ toll rübergekommen. Ich konnte die Menschenmengen förmlich herumspringen und das Wasser plätschern hören.
Die „Floriansmühle“ gab es übrigens wirklich. Genau wie im Buch wurde das Freibad vom Fluss gespeist und war somit chlorfrei. Inzwischen ist es leider geschlossen und die Natur hat sich einen großen Teil davon zurückgeholt. Obwohl die Gründe dafür sehr nachvollziehbar klingen, ist es schade, dass es das Bad nicht mehr gibt. In so ein Naturschwimmbad wäre ich gerne mal gegangen; zumal ich sogar mit dem Fahrrad hinfahren könnte. Vielleicht fahre ich trotzdem mal vorbei und schaue, ob man von außen noch die Becken erkennt. Das Buch hat mich neugierig gemacht!
Das Cover
Ich finde, dass das Cover sehr gut zum Buch passt. Tatsächlich spielt ein bedeutsamer Teil des Romans im Freibad und auch die verschwommenen Linien sind eine gute Metapher für viele Aspekte der Geschichte.
Außerdem ist es so zurückhaltend, wie die Handlung auch; eine Zeitaufnahme mitten im Leben.
Fazit
Mir hat das Buch zugesagt, weil es so anders und bodenständig war. Es hält, was der Klappentext verspricht und hat mich darüber hinaus mehrfach in meine eigene Kindheit zurückversetzt.
Steffen Schroeder: Mein Sommer mit Anja
Verlag: Rowohlt
Gebunden, 215 Seiten
ISBN: 978-3737100717
mehr dazu auf der Seite des Verlags
Ich habe dieses Buch als kostenloses Rezensionsexemplar erhalten – vielen Dank an den Rowohlt Verlag!
Dennoch bleibt meine Meinung unverfälscht.